Valuation Congress 2024 «Angebot und Nachfrage»

Wie Investoren und Nutzer die Immobilienmärkte bewerten war das Thema vom 10. Valuation Congress. Den über 150 TeilnehmerInnen im Theatersaal des Volkshaus Zürich wurde hierzu einiges geboten: Dieter Marmet zeigte auf, was Angebots- und Nachfragedaten alles verraten. Daniel Stoll kann aus eigenem Erleben von den grossen Veränderungen am Transaktionsmarkt berichten. Und Christian Kaiser beleuchtete die nachhaltige Transformation des Gebäudebestandes. Lydia Naef fasste die Entwicklungen der Flughafen-Stadt von den Anfängen bis zu visionären Zukunftsprojekten multimedial zusammen. Hans Ruedi Hauri und Gunnar Gärtner führten gemeinsam durch diesen spannenden Nachmittag und übergaben für das 100. Schweizer Immobiliengespräch an John Davidson, der das Panel mit Stephan Lüthi, Daniel Macht und Andreas Loepfe moderierte. Am Abend gab es für die 300 Gäste viel gmeinsame Gelegenheit zur Netzwerkpflege beim Apéro Riche.

Eine Zusammenfassung der Vorträge können Sie hier nachlesen:

Impressionen 2024

Fotograf: Patric Spahni

Nachlese zur Jubiläumsausgabe

Der 10. Swiss Valuation Congress bot einen guten Einblick wie Investoren und Nutzer aktuell die Immobilienmärkte bewerten. Ein Résumé ausgewählter Kernthemen der Referate.

Angebots- und Nachfragedaten – wo es spannend wird

Dieter Marmet gelingt es, mit Daten den Immobilienmarkt zu analysieren und zu verstehen. Sein Einblick beginnt mit einer Retrospektive bis in die 1990er-Jahre, als Angebotsdaten noch aus Zeitungsinseraten aufbereitet wurden. Trotz aller Akribie verpassten die Analysten damals den oberen Wendepunkt vor der Immobilienkrise.

Heute nutzt das von Marmet mit aufgebaute Forschungsunternehmen Realmatch360 die digitale Welt zur Datenerhebung und Analyse. Und wertet dabei besonders die Nachfragedaten aus den Suchabonnements der grossen Plattformen aus.

Dieter Marmet nutzt spannende Vergleiche zum Nachfrageverhalten und zeigt auf, wie das KOF Konjunkturbarometer gut korreliert mit der Nachfrage am Mietwohnungsmarkt. Er resümiert, wenn es der Wirtschaft gut geht «sitzt den inländischen Nachfragern das Geld lockerer und ziehen mehr ausländische Arbeitskräfte in die Schweiz, was den Flächenbedarf erhöht.» Die Konjunkturkrise während COVID-19 brachte nun aber das Gegenteil. «Die Leute merkten plötzlich, wie lausig sie wohnen». Zweitwohnungen und Wohneigentum bekamen starken Aufwind.

Dann wird Marmet noch etwas politisch und erläutert den von Fredy Hasenmaile geprägten Begriff vom Mietwohnungs-Mikado: «Sie sitzen in Ihrer Wohnung und wenn Sie sich bewegen, haben sie verloren.» Und nennt ein Beispiel: Aktuell wird eine 4.5-Zimmer-Wohnung in Zürich für rund CHF 3‘500 netto pro Monat angeboten. Die Bestandesmieten für eine vergleichbar grosse Wohnung liegen jedoch nur bei CHF 2‘200 pro Monat. Das scheint durchaus zahlbar, «wenn man schon eine Wohnung hat!» Dieses Mikado führt zu «einer gigantischen Fehlallokation» im Mietwohnungsmarkt, wo über 70-Jährige einen durchschnittlichen Flächenkonsum von horrenden 70m2 aufweisen. Jeder politische Vorstoss sollte sich also daran messen lassen, ob die Massnahme diese Schere zwischen Angebots- und Bestandesmieten vergrössert oder verkleinert.

In der Überleitung zum Transaktionsmarkt stellt Dieter Marmet in wenigen Worten seine jüngste Entwicklung vor: Der Price Explorer findet einen realistischen Verkaufs- oder Mietpreis unter Berücksichtigung der effektiven Zahlungsbereitschaft der Suchenden, der bezahlten Transaktionspreise und der Preisvorstellungen der Anbieter.

 

Veränderungen im Transaktionsmarkt

Daniel Stoll leitet das Transaktions-Team für die Immobilien-Anlagegefässe der Zürcher Kantonalbank und hat die grossen Veränderungen am Transaktionsmarkt der letzten zwei Jahre hautnah miterlebt. Bei den Zinserhöhungen 2022 «war vor allem überraschend, wie überrascht alle waren.» Und Stoll weiter: «Der ewige Geldzufluss, das Schmiermittel vom Transaktionsmarkt, war plötzlich weg. Entsprechend quietschte und knorzte es. Manche Binding-Offer mutierte so zur Sliding-Offer».

Und doch steht der Transaktionsmarkt nicht still. Je schwieriger das Asset, je mehr steigt die Dominanz der Käufer. Die Privatinvestoren sind aktuell die aktivste Käufergruppe. Bei Portfoliotransaktionen bieten die Käufer viel selektiver. «So manche Zitrone verbleibt beim Verkäufer.» Und es werden mehr kleinere Liegenschaften zum Kauf angeboten, was auf Portfoliobereinigungen hindeutet. Der Renditespread zwischen einer guten und einer schlechten Lage hat sich deutlich vergrössert. Heute sind wieder vermehrt lokale Marktkenntnisse gefragt, um den meist regional agierenden Käufer zu finden.

In Basel waren aufgrund vom Wohnschutz deutliche Preiskorrekturen ersichtlich bei sanierungsbedürftigen Liegenschaften, was auch eine Einstiegschance für Schnäppchenjäger darstellt. Als Zürcher erlaubte er sich den Basler Transaktionsmarkt zusammenfassend so zu bezeichnen: «Dr Transaktionsmääärt z’Baaasel, ä fertige Schlamaaaassel».

Investitionen in den Bestand zum Klimaschutz

Christian Kaiser ist Experte für nachhaltiges Bauen und stellt aufgrund der Rückschau zum Transaktionsmarkt die berechtigte Frage, «wie wir mit dem umgehen, was schon da ist».

Die Klimakrise fordert von uns Antworten ab – auch von Hauskäufern. Für den Umgang mit dem Gebäudepark braucht es einen Paradigmenwechsel vom Klimaschutz zu einer Anpassung an den Klimawandel. Eine Lebenszyklusbetrachtung gibt Aufschluss darüber, wie wir mit den Bauten umgehen. Man kann ein altes Gebäude abreissen und neu bauen oder in verschiedenen Intensitäten sanieren oder erweitern. Für einen Erhalt sprechen nebst Stellung, Ausnützung, Identität oder Nutzung während dem Bau eben auch die graue Energie und die gesetzten Klimaziele.

Das Bauwerk Schweiz weist einen grossen Erneuerungsrückstau auf. Nur rund ein Viertel der Gebäude sind bereits saniert. Anhand der Energieverbrauchswerte lässt sich schnell ablesen, dass sich der Sanierungsaufwand lohnt. Zum Abschluss bringt Christian Kaiser noch Beispiele und zeigt damit, dass neben den Kosten und Ertragswerten oft auch qualitative Aspekte für einen Erhalt gegenüber einem Neubau sprechen.

Flughafenregion als Wirtschaftsmotor

Auf einer grünen Wiese ist der Flughafen Zürich vor 76 Jahren entstanden. Lydia Naef leitet heute das Immobiliengeschäft der Flughafen Zürich AG und leistet zusammen mit ihrem Team einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung. Das Land wurde vor bald 80 Jahren für CHF 10 Mio. erworben und das erste Terminal für CHF 37 Mio. realisiert. Heute ist die «Flughafen-Stadt» nicht nur ein Hub für 30 Mio. Passagiere, sondern auch Arbeitsort für 30‘000 Menschen. Die Flughafenregion ist schweizweit eine der am schnellsten wachsenden Regionen und ein Wirtschaftstreiber.

Infrastruktur hat einen direkten Zusammenhang mit Wachstum und Wohlstand, denn der Handel basiert auf funktionierenden Verkehrsdrehscheiben. Ihr Knowhow und ihre Qualitätsstandards bringt die Flughafen Zürich AG auch im Ausland ein, z.B. beim Bau eines Flughafens bei Delhi oder als Betreiberin von Flughäfen in Brasilien und Chile.

Das Ausmass der «Flughafen-Stadt» Zürich veranschaulicht die Referentin mit beeindruckenden Zahlen. Als Passagier nimmt man höchstens ein Drittel des Ganzen wahr. Täglich investiert der Flughafen Zürich rund CHF 1 Mio. in die Instandsetzung. Das Projekt «The Circle» kostete gut CHF 1 Mia. Lydia Naef klärt auf: «Der Circle ist eine Erfolgsgeschichte. Das steht ausser Zweifel.» Und sie macht eine Rundschau über das riesige Spektrum an Angeboten vor Ort. In bewegten Bildern und Tonaufnahmen kommen die Vibes spürbar rüber.

Bis 2027 verfügt der Flughafen Zürich über eine beeindruckende Food Hall. Als Ersatz für das alte wird in den 2030er Jahren ausserdem ein neues Dock A in Holzbauweise realisiert. Wie beim Circle wird auch für diesen Ersatzbau als Nachhaltigkeitslabel Leed Gold oder Platin angestrebt. Die Dekarbonisierung der Infrastruktur wird konsequent vorangetrieben. Derzeit laufen Untersuchungen über eine glaziale Rinne in 300 Metern Tiefe, durch deren Nutzung der Flughafen einen weiteren grossen Schritt Richtung netto null eigene Treibhausgasemissionen machen könnte. Und als Besucher und Nutzer des Flughafens können wir uns freuen auf die Integration neuer Technologien und Innovationen, die die Flughafen Zürich AG mit ihrem ZRH Innovation Hub vorantreibt. Denn Flughäfen sind nicht nur Verkehrsknotenpunkte, sondern auch Motoren der Wirtschaft.

 

Immobiliengespräch zur Bewertung in Korrekturphasen

Am 10. Valuation Congress erwartete die Gäste eine angekündigte Überraschung. Mit Geburtstagskuchen konnten Sie am 100. Schweizer Immobiliengespräch teilnehmen, an dem die angesprochenen Thesen vertieft wurden. Die Podiumsdiskussion mit Daniel Macht, Stephan Lüthi, Andreas Loepfe moderierte John Davidson mit Bravour und alle geniessen im Anschluss miteinander einen Apéro Riche von Klasse.
Mehr hierzu: www.immobiliengespraeche.ch/100-schweizer-immobiliengespraech/

Ein herzliches Dankeschön geht an unsere hervorragenden Referenten, ein tolles Publikum und die partnerschaftliche Zusammenarbeit der Bewertungsexperten-Kammer SVIT mit dem Schweizer Immobilienschätzer-Verband SIV und dem Team von IMMOBILIEN Business.

Corina Guillén, COMRE AG